Zu gut für die Tonne – oder: Nichts verkommen lassen

Guten Tag!
In meinem Büro bewahre ich bis heute ein abgerissenes Stück von einem Pappkarton auf. Es ist mit einem Kugelschreiber bekritzelt und war mal eine Art Passierschein, um Lebensmittel zu retten.
Es ist ein paar Jahre her. Ich saß frühmorgens auf dem Beifahrersitz eines Transporters der „Münster-Tafel“. Als Journalist begleitete ich die Ehrenamtler:innen, wie sie kreuz und quer durch Münster fuhren und die Hinterhöfe von Supermärkten und Backstuben ansteuerten, um dort Wegwerf-Lebensmittel einzusammeln. Der Wachmann überprüfte uns, er kannte den Fahrer und den Transporter, und weil er gerade kein Papier zur Hand hatte, kritzelte er sein „Okay“ mit Unterschrift auf das Stück Pappe und drückte es mir in die Hand. Damit durften wir auf den Hinterhof fahren, am nächsten Wachmann vorbei und von dort zur Laderampe am Kühllager.
Hirschbraten und Torten im Hinterhof
Ich half beim Einladen der abgelaufenen Lebensmittel und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: Gemüse und Obst, Kisten voller Brote, Brötchen, Kuchen – die Ladefläche des Transporters füllte sich rasch. Manches war ein wenig eingedrückt, anderes wie etwa die Backwaren stammte vom Vortag. Und wieder anderes, Joghurt oder Puddingbecher zum Beispiel, hatte „nur“ noch zwei Tage bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. „Nicht mehr verkäuflich“, verriet mir ein Mitarbeiter des Supermarkts beim Einladen.
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